Sultana Maria Valamoti, Professorin an der Aristoteles-Universität Thessaloniki
Das Wort artos (Brot) taucht bereits in Homers Odyssee auf, in der Telemachos, der Sohn des Odysseus, seinem Vater einen Laib Brot übergibt. Brot gab es bei den alten Griechen in einer beeindruckenden Vielfalt, die selbst dem Angebot einer anspruchsvollen modernen Bäckerei in nichts nachsteht. Die Grundzutaten waren Weizen und/oder Gerste, die gereinigt und gemahlen wurden, oft begleitet von Gesängen, wie Athenaios in seinem Werk „Deipnosophistai“ berichtet. Vollkornbrot, wie wir es heute kennen, war bereits in den Werken des antiken Arztes Galen unter dem Begriff „sygkomistos“ bekannt. Wie aus antiken Texten hervorgeht, wurde Brot auf unterschiedliche Weise zubereitet und wies zudem verschiedene Formen auf – beispielsweise die Form einer Pyramide, eines runden Baguettebrötchens oder eines ringförmigen Kringels. Die als „krivanitis“ („im Ofen gebacken“) bezeichneten Brote, die in Aristophanes‘ „Der Reichtum“ als in Form einer Girlande auf einer Schnur aufgereiht erwähnt werden, ähnelten vermutlich den heutigen Koulouria, hatten also ein Loch in der Mitte. In antiken Texten wie denen von Hippokrates werden verschiedene Mehlsorten für Brot erwähnt, zum Beispiel mit oder ohne Kleie, fein oder grob gemahlen, aus einer Sorte oder aus einer Mischung verschiedener Getreidearten oder auch Hülsenfrüchten, mit oder ohne Sauerteig. So erwähnt Xenophon das „zymiti“ – ein Brot, das mittels Gärung hergestellt wurde. Die hippokratischen Schriften erwähnen auch verschiedene Arten des Brotbackens, beispielsweise engryfia: ein Brot, das in heißer Asche gebacken wurde. Doch nicht nur die Formen der Brote waren vielfältig, sondern auch die besonderen, in der Regel süßen Backwaren, die für besondere Anlässe wie religiöse Feste bestimmt waren – so beispielsweise das pyramidenförmige „pyramous“ aus Weizenmehl und Honig, das Ephippos erwähnt (Abbildung 1, Brotnachbildungen).
Der Ursprung des Brotes verliert sich in den Tiefen der griechischen Vorgeschichte. Die ersten Bauern Europas tauchten ab dem 7. Jahrtausend v. Chr. auf, als in Mazedonien und Thrakien, Thessalien, auf dem Peloponnes und auf Kreta neolithische Siedlungen entstanden. Auch wenn bisher keine prähistorischen Brote bei archäologischen Ausgrabungen entdeckt wurden, wissen wir, dass die Bewohner Griechenlands bereits im 7. Jahrtausend v. Chr. eine große Vielfalt an Getreidearten nutzten, darunter Einkorn, Emmer, Timopheev-Weizen, nackte Weizenformen (Weich- und Hartweizen) sowie Gerste. In Griechenland wurden die in der Jungsteinzeit bekannten Getreidearten auch später in der Bronzezeit und in der Antike weiter angebaut. Nach der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. tauchte zudem Dinkel auf und im 2. Jahrtausend v. Chr. die Hirse. Diese Getreidearten wurden angebaut, gelagert und mühsam mit Handmühlen gemahlen, um sie zu Mehl zu verarbeiten.
Heute ist die Auswahl an Brotsorten in den städtischen Zentren vergleichsweise beschränkt; zudem sind oft Zutaten enthalten, die die Antike noch nicht kannte. Die Grundlage für Brot ist jedoch nach wie vor Weizen und seltener Gerste. Roggen und Hafer, die ebenfalls als Zutaten für Brot verwendet werden, waren in der Antike überhaupt nicht verbreitet. Der Reichtum an Backwaren in der antiken griechischen Literatur ist beeindruckend; dasselbe gilt für die traditionellen Rezepte, die bis heute in den lokalen Küchen weiterleben.
Literatur
Brumfield, A. (1997). Cakes in the Liknon: Votives from the Sanctuary of Demeter and Kore on Acrocorinth. Hesperia: The Journal of the American School of Classical Studies at Athens, 66(1), 147–172.
Ψιλάκης και Ψιλάκη 2001, Το ψωμί των Ελλήνων, εκδόσεις Καρμάνωρ
Valamoti 2023, Plant Foods of Greece: A Culinary Journey to the Neolithic and the Bronze Ages. University of Alabama Press, Tuscaloosa.
Valamoti, S. M., Fyntikoglou, V., Symponis, K. 2022. Food Crops in Ancient Greek Cuisine. University Studio Press, Thessaloniki
Abbildung

1. Nachbildungen von Broten in einer Wiege, Opfergabe an Demeter und Kore in ihrem Heiligtum in Korinth (Quelle: Brumfield 1997 – mit freundlicher Genehmigung der American School of Classical Studies at Athens, Corinth Excavations)