Soultana Maria Valamoti
Die Pflanzengattung der Platterbse kommt in Griechenland in vielen verschiedenen Arten vor. Einige davon werden hier seit Jahrtausenden angebaut, und es ist überzeugend argumentiert worden, dass die kultivierten Platterbsen der Ägäis den Beitrag der Region zur Gruppe der Pflanzen darstellen, die Menschen seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. domestiziert und kultiviert haben.
Das archäobotanische Material belegt das Vorkommen einer dieser Arten, Lathyrus sativus, einer Platterbsenart mit beeindruckenden Blüten in verschiedenen Blautönen, bereits im ersten Jahrtausend der Jungsteinzeit. Ihre verbrannten Samen wurden für den Verzehr gelagert in neolithischen Häusern in Makedonien gefunden, beispielsweise in Servia und Dikili Tash, sowie in archäologischen Stätten in Südgriechenland, wie Ftelia auf Mykonos. In der Bronzezeit wurden noch zwei weitere Platterbsenarten im Ägäisraum angebaut. Der Afkos von Limnos (Lathyrus ochrus) und die Fava von Santorin (Lathyrus clymenum).
Altgriechische Texte erwähnen Lathyros, allerdings lässt sich aus den Beschreibungen in den Texten nicht mit Sicherheit schließen, welche der in Griechenland kultivierten Platterbsenarten, Lathiri (Lathyrus sativus), Afkos von Limnos (Lathyrus ochrus) oder die Fava von Santorin (Lathyrus clymenum), dem antiken Wort Lathyros entsprechen. Während es für Ochros ein überzeugendes Argument dafür gibt, dass er der Art Lathyrus ochrus entspricht, ist es bei den altgriechischen Wörtern Lathyros, Arakos und Afaki nicht leicht, den Wörtern bestimmte Pflanzenarten zuzuordnen. Man könnte annehmen, dass das antike Wort Lathyros dem heutigen Lathouri oder Lathiri entspricht, während Arakos der Fava von Santorin entspricht, da auch heute noch die Platterbsen auf Santorin Arakas genannt werden.
In jedem Fall aber geben die altgriechischen Texte Aufschluss über einen ganz wichtigen Aspekt einer Kategorie von Hülsenfrüchten: Sie wurden in einem gelben, dicken Brei gekocht, einem Etnos Lekithodes, also einer dotterfarbenen Speise. Diese Verbindung von Farbe und Konsistenz erwähnte Phainias im 4. Jahrhundert v. Chr. und gab als Beispiel einer so zubereiteten Hülsenfrucht den Arakos. Dieser gelbliche Brei aus antiken Texten entspricht mit ziemlicher Sicherheit der Fava, der heute in vielen Regionen Griechenlands üblichen Zubereitungsart der drei kultivierten Platterbsensorten. Dies ist ein antiker Beitrag zur griechischen Gastronomie mit Wurzeln in der Vorgeschichte. Gleich ob der Afkos von Limnos, die Fava von Santorin oder das Lathiri von Limnos, Korfu und Livadia – allen drei kultivierten Platterbsensorten Griechenlands ist die gelbe Farbe der Keimblätter gemeinsam, die beim Aufbrechen des Samens und beim Entfernen der Schale zum Vorschein kommen. In einem dicken Brei gekocht, haben die Platterbsen Griechenlands heute wie auch vor 29 Jahrhunderten zur Zeit des Phainias stets die charakteristische gelbe Farbe, die der antike Schriftsteller erwähnt.
Abbildung 1: Die blaue Blüte des Lathyrus sativus, allgemein bekannt als Platterbse, wahrscheinlich die antike Lathyros-Pflanze (Foto von S. M. Valamoti, aus dem Buch „Food Crops in Ancient Greek Cuisine: an archaeobotanical and textual study“, Valamoti, Fyntikoglou, Symponis 2022, University Studio Press)
Abbildung 2. Verkohlte Samen der Platterbse (Lathyrus sativus) aus der neolithischen Siedlung Toumba Kremastis Kiladas, Kozani (Foto von S. M. Valamoti, aus dem Buch „Food Crops in Ancient Greek Cuisine: an archaeobotanical and textual study“, Valamoti, Fyntikoglou, Symponis 2022, University Studio Press)
Abbildung 3. Fava aus Platterbsen, experimentell gekocht im Rahmen des Forschungsprojekts PLANTCULT (ERC CoG GA682529). Foto von S. M. Valamoti, aus dem Buch Valamoti 2023, Plant Foods of Greece: A Culinary Journey to the Neolithic and Bronze Ages, University of Alabama Press.