Unter den Hülsenfrüchten finden Linsen in Griechenland seit jeher eine breite Verwendung. Noch bevor sie domestiziert wurden, waren Linsen Bestandteil der Ernährung der Jäger und Sammler, die vor etwa 11.000 Jahren in der Höhle von Franchthi in der Argolis lebten, ehe in der Jungsteinzeit die ersten agrarischen Gemeinschaften entstanden. Linsensamen, die zurück bis ins 7. Jahrtausend v. Chr. datiert wurden, gehören zu den häufigsten Funden bei Ausgrabungen neolithischer Siedlungen in Griechenland. Auch in archäologischen Funden aus den letzten Jahrtausenden der Vorgeschichte, der Bronzezeit, vom Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. bis zum Ende dieses Zeitalters, wurden immer wieder Linsensamen entdeckt. Für vergangene Epochen gibt es eine beeindruckende Vielzahl von Erwähnungen der Linse, ihrer Sorten und Zubereitungsarten. Wie wir aus einem Text von Phainias schließen können, den Athenaios in seinen „Deipnosophistai“ überliefert, wurden Linsen entweder als Suppe mit dem Namen „Faki“ oder als dickflüssiger Brei zubereitet. Letzterer wurde in der Antike „Etnos“ genannt, im Falle von Linsen „Fakinon Etnos“. Für das Servieren dieses Breis gab es sogar eine spezielle Kelle, wie der antike Komödiendichter Aristophanes berichtet. In der antiken griechischen Komödie findet die Linse sehr häufig Erwähnung; sie scheint ein alltägliches Nahrungsmittel gewesen zu sein. Spezielle Backwaren, die zusammen mit Linsensuppe gegessen wurden, wurden „Gouroi“ genannt, wie der Dichter Solon in seinen Gedichten aus dem 7./6. Jahrhundert v. Chr. erwähnt. Antike Gerichte auf Linsenbasis hießen beispielsweise „Fakoptisani“ und „Volvofaki“. Darüber hinaus führt ein Papyrusfragment eine Süßspeise aus Linsen namens „Laganofaki“ an. Der antike Dichter Sopatros spricht von einem Brot aus Linsen, das in Alexandria in Ägypten sehr beliebt war. Linsenmehl war in der Antike nicht nur Bestandteil von Brot, sondern fand auch medizinische Verwendung – wie Linsen allgemein, die laut Hippokrates verschiedenen Heilmitteln zugefügt wurden.

Die antiken griechischen Texte, seien es Komödien oder medizinische Schriften, enthalten zahlreiche Verweise auf Linsen und belegen, dass diese Hülsenfrucht bereits seit der Frühgeschichte in der griechischen Küche ihren festen Platz hat. Diese besondere Vorliebe setzt sich für viele Griechen bis heute fort. Die Linsensuppe Faki, die seit der griechischen Antike denselben Namen trägt, ist in der griechisch-orthodoxen Tradition eines der Grundgerichte der Fastenzeit. Nicht zuletzt ist man in verschiedenen Regionen Griechenlands sehr stolz auf die dort angebauten Linsen, beispielsweise in Eglouvi auf Lefkada oder in Voio in der Region Kozani.

Literatur

Valamoti S. M. 2023 Plant Foods of Greece: A Culinary Journey to the Neolithic and the Bronze Ages. Tuscaloosa, University of Alabama Press

Valamoti, S. M., Fyntikoglou, V., Symponis, K. 2022. Food Crops in Ancient Greek Cuisine: An Archaeobotanical and Textual Study. Thessaloniki, University Studio Press.

Abbildung 1. Verkohlte Linsen aus dem neolithischen Haus von Sosandra in Westmakedonien. Foto von S. M. Valamoti, V. Fyntikoglou, K. Symponis 2022, Food Crops in Ancient Greek Cuisine: An Archaeobotanical and Textual Study, Thessaloniki, University Studio Press.

Abbildung 2. Linsensamen verschiedener Sorten. Foto von S. M. Valamoti, V. Fyntikoglou, K. Symponis 2022, Food Crops in Ancient Greek Cuisine: An Archaeobotanical and Textual Study, Thessaloniki, University Studio Press.